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Welche Videoschnitt-Software ist wirklich die beste?

Adobe Premiere oder Final Cut Pro X? Egal! Software ist ein Werkzeug – Du machst die Arbeit. Neben der finanziellen ist die wichtige Frage eher: Wie denkst Du?

 

Wer sagt, welches die beste Software ist, bist Du. Denn die größte Leistung im Schnitt muss dein Gehirn vollbringen, dessen Denkstruktur sich in Deiner Organisation widerspiegelt. Zu den wesentlichen Dingen, die Dein Gehirn beim Editing macht, gehören diese fünf:

  1. Angucken

  2. Ordnen und Kategorisieren

  3. Erinnern

  4. Auswählen und Entscheiden

  5. Komponieren


Die Software, die Dir bei diesen wichtigen Dingen am meisten hilft, ist die beste für Dich. Du kennst das, wenn Du selbst auch filmst. Dann hast Du Dich sicher auch mal mit Film-Gear beschäftigt. Selbst wenn Du es nicht gerne getan hast, Du hast Dich überwunden, Modelle zu vergleichen, und hoffentlich bist Du happy mit Deiner Entscheidung. Als ich in einem Lokalzeitungsverlag gearbeitet hatte, drehten sich die Geek-Gespräche zwischen Volontären um Canon versus Nikon. Wir alle machen unsere Vorzüge fest an persönlichen Präferenzen – es gibt auch selten Grund, es anders zu tun, außer, Du erweiterst mit mehr Kenntnissen Deinen Kundenstamm oder fühlst Dich gut dabei, Deinen Blick zu erweitern.


Schnitt mit VHS-Kassetten


Meinen ersten Schnitt habe ich mit VHS-Kassetten gemacht, aber heute nutze ich am liebsten FCPX. Für meinen ersten Schnitt überhaupt hatte ich mir das Mischpult und einen zweiten VHS-Rekorder von meinem zehn Jahre älteren Nachbarn Jan geliehen. Für den Deutsch-Unterricht hatten wir als Gruppe ein Gedicht verfilmt – ich hatte die „Story“ geschrieben und die Hauptrollen meiner damaligen Freundin und mir gegeben. Wir drehten die ganze Sequenz – ein romantisches Leben, dann ein Abschied, dann eine sorgenvolle Frau und ein einsamer, ängstlicher Mann im Feld des Ersten Weltkrieges – immer komplett hintereinander weg, ich glaube, so ungefähr fünfmal.

So sah ich mich im Schnitt davor, erst einmal alle Takes derselben Szene hintereinander in eine „Selection“ zu legen – eine zweite VHS-Kassette, auf der mein sequenzieller „Breakdown“ aller gedrehten Szenen aufgenommen worden ist. Im nächsten Schritt wurde meine Breakdown-VHS, die jetzt sozusagen im „Viewer“-Schirm war, zur Quelle: Ich suchte den jeweils besten Take aus und überspielte die besten Szenen in die Reihenfolge des Films. Dieser Prozess hat in mir eine Menge freigesetzt, was Editing bedeutet.


Damals habe ich zwar auch sanfte Übergänge gemacht, aber jeder Mensch lernt Dinge zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Heute habe ich noch eine Hülle, die sagt, auf der darin enthaltenen Videokassette sei der Film gespeichert. Ich wäre neugierig, den mal wieder zu sehen.


Premiere VS Final Cut Pro X


Final Cut Pro X oder Premiere ist zunächst eine Kostenfrage. Stand heute ist, dass Du für Final Cut Pro X einmalig X Euro bezahlst und Premiere in der Adobe Cloud für X Euro pro Jahr abonnieren kannst. Für weniger Geld und grundsätzlich gute Funktionalität kannst Du auch Software wie Sony Vegas und iMovie benutzen. Viele Reporter, die dauernd unterwegs sind und von dort Beiträge an ihre Medienmarke schicken, arbeiten auch mit noch einfacheren Tools. Ich habe da zugegeben nicht den besten Überblick, aber wenn Du wirklich gut schneiden willst: Mit einem der vier oben genannten Programmen machst Du nichts falsch, wenn es Deinen Ansprüchen genügt.


Die Vorzüge von Premiere sind für mich die variable Gestaltung der „Workspaces“, einzelne Tools sowie die superschnelle Funktion, einen in der Timeline verwendeten Clip durch nur einen Klick mit dem Playhead zu lokalisieren.

Was mir nicht gefällt, sind die etwas veraltete Weise, Daten zu organisieren, und die Aufspaltung des Filmstreifens in übereinander liegenden Spuren. Vertikale Spuren entsprechen nicht meiner Denkweise. Ich denke: Ein Film ist eine Aneinanderreihung von synchronisierten Medienelementen auf einer Zeit-Achse.



Grundsätzlich ist FCPX für mich aus zwei Gründen so wahnsinnig intuitiv und nimmt mir ununterbrochen Arbeit ab. Die zwei Dinge, die FCPX so intuitiv machen (können), sind auch die meist umstrittensten: die magnetische Timeline und der Browser.



Für mich ist die FCPX-Timeline, die den Film als Streifen zeigt, so wie er früher auch Cutter_innen vorlag, von besonderer Schönheit der Film-Tradition (die ich in ihrer analogen Ära aus Produktionssicht nicht mehr wirklich kennengelernt habe), und ihr „Magnetismus“ ist ein evolutionärer Schritt, der meine Arbeit sorgenfreier macht: Denn ein Sound gehört immer zu einem bestimmten Bild, und auf der magnetischen Timeline bleibt alles zusammen, was auch zusammen gehört – immer.

Die magnetische Timeline ist für manche Menschen sehr lange etwas, das sie nicht wollen, weil sie etwas macht, was Menschen nicht gewohnt sind. Hast Du aber einmal erkannt, wie viel Arbeit Dir der „Magnetismus“ abnimmt, wird das Arbeiten auf der Timeline enorm smooth.


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Das Ziel im Schnitt ist es ja, die Geschichte und ihre innewohnenden Gefühle auf die für sie kompakteste Art zu erzählen. Und die kompakteste Form wird durch die magnetische Timeline immer automatisch angenommen – lass Dich von diesem Video-Ausschnitt inspirieren:

(Das „Wunder“, das Du da siehst, wird von 19:43 bis 20:17 aufgelöst.)




Aber zugegeben: Am Ende sehen die Premiere- und FCPX-Timelines sehr ähnlich aus: Du hast Deine Interviews als Narrativ auf der Hauptspur liegen und platzierst „Broll“ oder „Schnittbilder“ i.d.R. darüber.


Das zweite Evolutionäre an FCPX ist der Browser. FCPX ist primär ein Database-Programm und danach ein Video-Editor – bei Premiere ist das vom user design her andersherum.

Während es nun die idealtypischerweise Unterscheidung gibt zwischen Subclipping und Sequencing, mache ich beim Sichten des Materials in FCPX supereinfach und schnell beides gleichzeitig. Das Favorisieren sowie Eingeben und Zuordnen von Clips passiert so ultraschnell, dass später die „Database“ dank „tags“ (tag = Schlagwort) das Rohmaterial fantastisch vor Dir ausbreitet und zugänglich macht. Ich „surfe“ durch das gesichtete Rohmaterial wie ich via Hashtags auf Instagram, Facebook und Twitter, Youtube und LinkedIn Elemente finden kann, die für mich interessant sind. Das mit Bildern und Wörtern zu erleben, war bei mir einst ein Aha-Erlebnis. Gerade bei höheren Mengen an Rohmaterial – also 20, 30, 40 Stunden und mehr – öffnen sich auch mehr Möglichkeiten, die Geschichte zu schneiden: mit mehr Spektakel oder auf komplexere Art.

Willst Du über spezielle FCPX-Themen etwas lernen? Dann melde Dich!


Ich glaube, die magnetische Timeline und die primäre Database-Charakteristik von FCPX sind einzigartig und revolutionär. Sie bedeuten nicht automatisch: die Besten für alle. Die Frage, ob Premiere oder FCPX, ist letztlich die gleiche wie: Nikon oder Canon?


Um Deine Wahl, vor der Du vielleicht stehst (oder nicht, weil Du den Text aus reinem Interesse gelesen hast), zu erleichtern, schau Dir vielleicht als Inspiration das erste nonlineare Editing-System an:


Immer in Bewegung bleiben!

Nico

 

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